Historische Hintergründe meiner Romane
Mecklenburg 12. und 13. Jahrhundert
Dichte Wälder, Seen, unwegsame Sümpfe und die Ostsee prägten das dünn besiedelte slawische Land östlich der Elbe im 12. Jahrhundert. Es weckte Begehrlichkeiten bei den Fürsten des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, insbesondere bei den westlichen Nachbarn und beim dänischen König. Mit Unterstützung der Kirche begannen sie 1147 den Wendenkreuzzug, der die Heiden bekehren, vor allem aber das Land den Eroberern einbringen sollte. Es ist Heinrich der Löwe, der das Obodritenland für sich beanspruchte. Doch in den Jahren 1160 bis 1166 gab es immer wieder Kämpfe und eine große Schlacht zwischen den Slawen und Deutschen.
Bereits 1160 wurde Niklot, der Fürst der Obodriten, getötet. Seine Söhne Pribislaw und Wertislaw, letzterer 1163 von Heinrich dem Löwen als Geisel gefangen genommen und 1164 erhängt worden, führten den Kampf fort. Dabei zeigte sich, dass die Obodriten zwar fremde Besatzer aus einzelnen ihrer Burgen zu vertreiben vermochten, die Deutschen aber nicht würden besiegen können.
Dann plötzlich war Heinrich der Löwe kompromissbereit. Pribislaw, der angestammte Fürst der Obodriten, erhielt aus Heinrichs Hand Anfang 1167 sein väterliches, so lange umkämpftes Erbe, das von den Deutschen als Mecklenburg bezeichnete Land, als tributfreies Lehen.
Historiker vermuten, dass Heinrich der Löwe wegen des Ende 1166 ausgebrochenen sächsischen Krieges seine Kräfte konzentrieren musste und daher im Osten Ruhe brauchte. Sofort nach dem Friedensschluss hatte Pribislaw Heinrich dem Löwen Krieger zur Verfügung zu stellen.
Für das in den Kämpfen ausgeblutete Mecklenburg waren die folgenden Jahre eine dringend notwendige Zeit friedlicher Erholung und Entwicklung.
Allerdings kam es ab 1178 nach dem Tod Pribislaws zu langwierigen Erbkämpfen zwischen Pribislaws Sohn Heinrich Borwin I. und seinem Cousin Nikolaus, dem Sohn von Pribislaws getötetem Bruder Wertislaw. Die Auseinandersetzungen endeten mit der Unterwerfung von Heinrich Borwin und Nikolaus unter die dänische Herrschaft. Mecklenburg wurde aufgeteilt. Heinrich Borwin I. bekam, so ist zu vermuten, den westlichen Teil mit den Fürstenburgen Mecklenburg und Ilow, Nikolaus wohl den östlichen mit der Burg Rostock als Sitz. Nikolaus fiel 1200 in der Schlacht bei Wachow, Heinrich Borwin war nun alleiniger Herrscher Mecklenburgs. 1227 kämpfte Mecklenburg an der Seite weiterer norddeutscher Länder und Lübecks gegen die Dänen, die besiegt wurden. Nun gehörte Mecklenburg zum Deutschen Reich.
In den Jahrzehnten vor und nach der Wende vom 12. zum 13. Jahrhundert kamen deutsche Siedler, vor allem aus dem heutigen Niedersachsen, aus Westfalen, Holstein und Friesland, in die besiegten Gebiete.
Bauern konnten unter günstigen Bedingungen Land pachten. Mit Hilfe der Kirche, die für die Errichtung und den Unterhalt von Klöstern große Ländereien erhielt und diese für eine Besiedlung vorbereitete, entstanden viele neue Dörfer. Die deutschen Bauern ernteten durch den Einsatz des Pfluges und der Dreifelderwirtschaft mehr als die Slawen. Ihre großen Hallenhäuser vereinten Menschen, Vieh und Vorräte unter einem Dach und boten günstige Bedingungen für das bäuerliche Wirken.
Die eingewanderten Handwerker und Kaufleute bevorzugten bestehendene Siedlungen und erweiterten sie. Die Kaufherren brachten für den Fernhandel den Koggen / die Kogge mit und konnten damit weitaus größere Mengen über die See transportieren.
Die Christianisierung und die Einführung deutschen Rechts, z. B. das Lübecker Stadtrecht sorgten dafür, dass nur Rudimente slawischen Rechts erhalten blieben. Die Ausübung slawischer Glaubensrituale wurde von der Kirche verfolgt und bestraft.
Zudem sprachen die Deutschen eine ältere Form des Niederdeutschen, auch Plattdeutsch genannt, während die Wenden eine, von der heutigen Sprachwissenschaft als Polabisch bezeichnete westslawische Sprache benutzten. Die niederdeutsche Sprache wurde zur „Amtssprache“, ihr Erlernen von den Slawen gefordert.
Insgesamt bestimmten also die Neusiedler die Entwicklung in Mecklenburg. Die Obodriten mussten sich nach und nach immer stärker an die deutschen Verhältnisse anpassen, ihre Sprache, ihre Bräuche, ihre Lebensgewohnheiten aufgeben, sich taufen lassen, deutsche Namen tragen, um sich und ihren Familien das Überleben zu sichern. Dennoch blieben den meisten von ihnen berufliche Erfolge wegen geringer Bildungsmöglichkeiten und fehlendem Geld verschlossen. Für die Kirche, die deutschen Ritter, Bauern und die städtischen Bürger waren die Wenden, wie die Deutschen die Slawen nannten, willkommene, billige Arbeitskräfte, Knechte und Mägde.
Was ist von den Obodriten geblieben ?
Der slawische Großstamm der Obodriten herrschte im Gebiet des heutigen Mecklenburgs und in Teilen Schleswig-Holsteins. Nichts scheint mehr auf ihn hinzuweisen, aber:
Auf Feldern und in Wäldern fanden Archäologen Reste von ringförmigen Wällen, die auf eine slawische Burg hindeuten. Auch Holzpfähle und Steinsetzungen als Fundament von Burgen in Seen, wie bei der Schweriner Burg, sind zum Teil noch vorhanden. Doch alle slawischen Holz- und Lehmbauten sind längst zerfallen.
Aufzeichnungen in Polabisch gibt es nicht. Für die Obodriten zählte das gesprochene Wort. Chroniken, Urkunden wurden nicht verfasst. Die Polabische Sprache ist ausgestorben.
Dennoch tragen Flüsse, Moore Landschaften, Städte, Dörfer bis heute ursprünglich polabische Namen, die allerdings im Verlauf der Jahrhunderte leichte Änderungen erfuhren.
Außerdem gibt es eine deutschlandweite Besonderheit: Nur in Mecklenburg regierten Fürsten slawischer Abstammung bis Niklots Nachfahren, wie der gesamte deutsche Adel, 1918 abdanken mussten.
